Gehen nun alle nach New Work?

New Work und keiner geht hin

So lautete der Titel des Beitrags von Natalie Golob und Marion Ullrich in 2019.

Sie fragten, warum sich viele Mitarbeiter und Führungskräfte so schwer mit New Work tun und wie die neuen Arbeitswelten mit persönlicher Entwicklung zusammenhängen. Neben offensichtlichen Spannungsfeldern zeigten sie einen Weg zur Organisationsentwicklung in Unternehmen.

Ist der Weg durch die Corona-Krise nun bereitet?

Natalie Golob ist Organisationsberaterin mit dem Schwerpunkt vitale Arbeitskultur. Mit ihrem Hintergrund aus der Theaterarbeit und einer langjährigen Erfahrung vermittelt sie, was eine Organisation braucht, um eine neue Kultur entstehen zu lassen.

In ihrem Beitrag zum Buch ging es vor allem um die Digitalisierung, die Arbeitsprozesse beschleunigt und flexibilisiert. Die Auswirkungen einer Pandemie waren nicht zu erahnen. Als Antwort auf Komplexität und schnelle Veränderungen sah sie neue Arbeitswelten, in denen die „Ressource“ Mensch immer wichtiger und zum differenzierenden Erfolgsfaktor würde.

Forderungen nach Selbstorganisation und Demokratisierung lösten das bisherige „Arbeitnehmer-Mindset“ ab. Und während sich äußere Stabilität, Orientierung und Sicherheit veränderten, ginge es um persönliche Entwicklung und neue Wege der Führung. Mit völlig neuen Aufgaben für die Organisationsentwicklung im Transformationsprozess. Ist Corona nun der Katalysator für diese Entwicklung?

Dass sich “äußere Stabilität, Orientierung und Sicherheit” derzeit aufgelöst haben, ist sicher unbestritten.

Wie könnte sich New Work nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz auswirken? 

Erstmal kommt es drauf an, wie man New Work im Zusammenhang dieser Frage definiert oder welchen Aspekt man von diesem „Containerbegriff“ herausgreift.

Spannend für unsere Perspektive im Sinne von „changing the game“ ist, dass diese Zeit uns alle aus unserer Komfortzone geschubst hat und viele von uns die Erfahrung machen konnten, dass sie eine unglaubliche Lernkurve hingekriegt haben – ohne einen  Kurs für „agiles mindset“ zu besuchen – einfach weil es notwendig war/ist.

Die Macht des Faktischen ermöglicht uns, inmitten einer echten „VUCA“-Situation“ über uns hinaus zu wachsen. Plötzlich wird vieles möglich – individuell und kollektiv, was vorher undenkbar erschien. Der Möglichkeitsraum wird größer.

Gleichzeitig hat diese Situation innere Prozesse in Gang gesetzt: Was ist mir wirklich wichtig? Was brauche ich wirklich um gut arbeiten oder auch gut leben zu können? Jede innere Auseinandersetzung, die uns zu mehr Selbst-Bewusstsein und Selbstführungskompetenz hilft uns, „New Work“ im Sinne echter Verantwortungsübernahme und Gestaltungskraft des Einzelnen und des Schwarms wirklich leben zu können.

Auf der anderen Seite haben wir (auch ich) erlebt, dass starke Führung in der Krise Erleichterung bringt und gleichzeitig die Gefahr birgt, Gehorsam und Gefolgschaft über zu betonen. Wenn wir also dauerhaft im Krisenmodus bleiben, könnte es auch die Rolle rückwärts in unseren Arbeitswelten geben, weil das Gefühl der Unsicherheit überhand nimmt. Dann werden möglicherweise alte hierarchische Muster wieder greifen.

Und neben all den positiven oder auch vielversprechenden Erfahrungen in dieser Zeit ist es noch völlig ungewiss, was eine Rezession mit uns individuell und kollektiv machen wird. Wenn es um das wirtschaftliche Überleben geht oder bestenfalls um einen gewaltigen Umbruch werden wir in unserem Vertrauen, unserer Gestaltungskraft und unserem Zusammenhalt sehr gefordert werden.

Corona hat viele Entwicklungen beschleunigt. Homeoffice und virtuelle Konferenzen sind gängige Beispiele dafür.

Welche Auswirkungen wird Corona auf die Führung von Teams haben?

In unseren Webinaren zum Thema „virtuelle Zusammenarbeit“ haben wir häufig die Rückmeldung bekommen, dass die Krise die Teams zusammengebracht und den Teamgeist befördert hat. Das ist für die Führungskräfte erstmal eine gute Nachricht.

Auch haben uns Führungskräfte erzählt, dass sie sich viel häufiger explizit Zeit nehmen für Gespräche mit einzelnen Mitarbeitenden, was sonst im Tagesgeschäft zwischen Tür und Angel passiert. Und das ist absolut notwendig. Führung geschieht über Beziehung. Die Führungskräfte haben nun die Herausforderung den Draht zu allen warm zu halten ohne sich täglich im Büro zu sehen.

Auch die Realität von verteilten Teams wird zunehmen. Das beinhaltet die Führungsaufgabe, den Teamspirit immer wieder zu pflegen, durch regelmässige, verbindliche und vor allem motivierend gestaltete Meetings – online und vor Ort. Die Meetingqualität ist absolut entscheidend (das ist sie aber auch im Analogen). Hier müssen beide Aspekte der Zusammenarbeit, die Arbeitsebene und die Beziehungsebene angemessen Raum finden, damit die Teams, individuell und gemeinsam, weiter wachsen können. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Führungskraft immer Moderierende/r ist, das kann auch zur wechselnden Teamaufgabe werden – ganz im Sinne der Selbstverantwortung.

Zickzackkurse und kleine Schritte empfahlen die Autorinnen auf dem Weg zu New Work.

Gilt die Empfehlung kleiner Schritte nach Corona immer noch?

Oh ja, selten gab es so viel Fehlertoleranz, weil wir alle in einem Lern- und Adaptionsprozess unterwegs sind. Von Politik bis Wirtschaft und jede/r Einzelne – alle fahren auf Sicht. Wir testen was aus, wir verwerfen es wieder, wir scheitern, wir lernen und wir finden unsere Spur. Wenn wir uns das mitnehmen können, diese Haltung, die ja auch die Demut vor dem was größer ist als wir beinhaltet, haben wir viel gewonnen.

# Natalie Golob

Organisationsberatung

Guter Geist

ORGANISATIONSENTWICKLUNG, CHANGEBEGLEITUNG, TRAINING & COACHING

Vita

Natalie Golob ist Organisationsberaterin mit dem Schwerpunkt vitale Arbeitskultur. Zuhause mit ihrer Coachingspraxis und dem Coworking Eckbüro 39 in Nürnberg begleitet sie Menschen und Unternehmen.

Nach einigen Jahren Theaterarbeit als Regisseurin und Theaterpädagogin kam sie über das Unternehmenstheater in die Wirtschaft.
Fasziniert vom Menschen und seiner im Ursprungssinn „Schöpferkraft“ beschäftigt sie sich seit fast 20 Jahren mit der (Un-)Möglichkeit wirklich guter Arbeit in verschiedensten Kontexten. Was braucht der/die Einzelne, was die Organisation, um eine vitale Arbeitskultur entstehen zu lassen?

Für die ganz eigenen Wege dahin zwischen guter alter Schule und new work ist sie mit breitem Erfahrungsschatz, unterschiedlichsten Formaten, Struktur, Tiefe und Humor Sparringspartner und Komplizin.

Kernkompetenzen

 Menschen & Organisationen „lesen“

 Transformation begleiten

Wacher Geist und treffende Worte

# Über die Autorin

Anja Roters

Anja Roters

Business Facilitator, Mentorin, Denkpartnerin

Anja ist Client Advisor und Business Facilitator. Als Geschäftsführerin und passionierte Kundenbegeisterin war sie viele Jahre im Media- und Marketingumfeld tätig. Ab 2014 begleitete sie die Transition eines hierarchisch aufgestellten Unternehmens zu einer agilen Teamorganisation. Als Mentorin bringt sie die besten Erfahrungen aus beiden Welten ein.

Aktuell befasst sie sich u.a. mit neuem Arbeiten und alternativen, praxisnahen Umsetzungsmöglichkeiten